Was ist das Pflegeunterstützungsgeld?

Wer einer Beschäftigung nachgeht und sich plötzlich um die Organisation einer Pflegesituation eines nahen Angehörigen kümmern muss, kann Pflegeunterstützungsgeld beantragen. Dabei handelt es sich um eine Lohnersatzleistung: Pflegende Angehörige dürfen laut Pflegezeitgesetz in einer akuten Krisensituation bis zu zehn Arbeitstage pro Kalenderjahr der Arbeit fern bleiben. Es besteht kein Anspruch auf eine Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber während einer kurzzeitigen Arbeitsverhinderung. Das Pflegeunterstützungsgeld soll daher als Lohnersatz für finanzellen Ausgleich und die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zur Sicherung der häuslichen Pflege zu sorgen. Insgesamt stehen zehn Arbeitstage pro Kalenderjahr pro pflegebedürftiger Person zur Verfügung.

Die Definition des Pflegeunterstützungsgeldes wird in § 44a SGB XI geregelt. Beantragt wird es über die Pflegekasse der zu versorgenden Person – die Leistung wird direkt auf das Konto des pflegenden Angehörigen gezahlt.

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Gut zu wissen: Wann ist der Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung verpflichtet?

Wer die kurzzeitige Arbeitsverhinderung wegen Pflege nutzt, hat mit Blick auf das Pflegezeitgesetz keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber. Allerdings können andere vertragliche Vorschriften zur Zahlung verpflichten, wie zum Beispiel ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder einen individuellen Absatz im Arbeitsvertrag. Bei Fragen diesbezüglich hilft zum Beispiel die Personalabteilung oder der Betriebsrat.

Wer hat Anspruch auf das Pflegeunterstützungsgeld?

Das Pflegeunterstützungsgeld dient der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege beim plötzlichen Auftreten einer Akutsituation. Deshalb kann es grundsätzlich von Arbeitnehmern bezogen werden, die nahe Angehörige versorgen. Die zu versorgende Person muss bei einer deutschen Pflegeversicherung versichert sein – egal, wo sie lebt. Darüber hinaus müssen einige weitere Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Antrag bei der Pflegekasse Erfolg hat. Dazu zählt unter anderem, dass sich der pflegende Angehörige nicht in Pflegezeit oder Familienpflegezeit befindet.

Pflegeunterstützungsgeld kann auch beantragt werden, wenn erwerbstätige Angehörige einen Platz in einer stationären Einrichtung für die pflegebedürftige Person suchen – denn auch das nimmt oftmals viel Zeit in Anspruch! Erst wenn die pflegebedürftige Person stationär untergebracht ist, steht Angehörigen in diesem Fall kein Pflegeunterstützungsgeld mehr zu.

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Gut zu wissen: Was ist eine Akutsituation?

Wann genau eine Pflegesituation akut ist und eine Arbeitsverhinderung nach sich zieht, ist im § 44a SGB XI nicht definiert. Letztlich bedeutet "akut", dass der Alltag der zu versorgenden Person nicht mehr allein zu bewältigen ist und eine pflegerische Versorgung etabliert werden muss. Ein ärztliches Schreiben bestätigt die akute Notwendigkeit einer Freistellung. Dies wird in der Regel benötigt, um die Leistung beantragen zu können. Das Schreiben des Arztes muss nicht zwingend zur Antragsstellung mit eingereicht, dann aber nachgesendet werden.

Wie beantragen Sie das Pflegeunterstützungsgeld?

Die Leistung kann telefonisch oder über ein Formular bei der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person beantragt werden. Oftmals wird dieser Antrag von Pflegenden übernommen, da die Person selbst nicht immer in der Lage dazu ist.

Der Antrag auf Pflegeunterstützungsgeld sollte so schnell wie möglich gestellt werden, also sobald sich die akute Pflegesituation abzeichnet – es geht dabei sowohl um die angemessene Versorgung der pflegebedürftigen Person als auch um die Entlastung als Pflegender. Die Pflegekasse verlangt im Zuge des Antrags meistens ein ärztliches Atest, das die Akutsituation bestätigt. Dieses kann auch nachgereicht werden.
Bedenken Sie: Die Pflegekasse kann eine Leistung erst genehmigen, wenn alle für die Entscheidung relevanten Unterlagen vorliegen.

Nach erfolgreichem Antrag erhalten pflegende Angehörige von der Pflegekasse eine Bescheinigung über den Bezug der Leistung. Diese muss unverzüglich dem Arbeitgeber vorgelegt werden.

Wie hoch ist das Pflegeunterstützungsgeld?

Wie viel Geld pflegende Angehörige erhalten, hängt mit ihrem individuellen Verdienst zusammen.  Viele Arbeitnehmer erhalten neben ihrem Lohn auch Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Auch diese Beträge nehmen Einfluss auf die Höhe der Leistung: Erhielten Arbeiteinehmer in den letzten 12 Monten vor Beginn der Pflegezeit keine Sonderzahlung, beträgt das Pflegeunterstützungsgeld 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts. Erhielten Arbeitnehmer in den letzten 12 Monaten vor Beginn der Pflegezeit eine Sonderzahlung, dann beträgt die Leistung 100 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts

Aber: Das Pflegeunterstützungsgeld darf 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung nicht überschreiten. Dabei handelt es sich um den Beitrag bis zu dem vom sozialversicherungspflichtigen Entgelt Beiträge für die Sozialversicherung abgeführt werden. Die Beitragsbemessungsgrenze für die Krankenversicherung lag in 2023 bei 166,25 Euro pro Kalendertag. Damit liegt der maximale Tagessatz des Pflegeunterstützungsgeldes bei 116,38 Euro pro Tag.

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Gut zu wissen: Rechenbeispiel Pflegeunterstützungsgeld

Anna ist Pressereferentin mit einem monatlichen Nettogehalt von 3.000 € ohne Einmalzahlungen. Sie muss sich nach einem Schlaganfall akut um die Versorgung ihrer Mutter kümmern und nimmt sich eine Auszeit von 10 Tagen. Da ihr Arbeitgeber keine Lohnfortzahlung für diesen Zeitraum vorsieht, beantragt Anna Pflegeunterstützungsgeld. 

Zunächst wir das Nettoeinkommen pro Tag berechnet:

3.000 € / 30 Tage = 100 €

Von diesem Tagessatz werden nun 90 % berechnet, um den Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld pro Tag festzustellen.  100 € x 0,9 ergeben 90 € pro Tag. 

Da sich Anna 10 Tage von der Arbeit freistellen musste, erhält sie für 10 Tage Pflegeunterstützungsgeld. Das ergibt 900 €.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um das Pflegeunterstützungsgeld zu erhalten?

Die zu versorgende Person muss Mitglied einer deutschen Krankenkasse sein, um Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen zu können. Das ist schon mal die erste Voraussetzung.

Einige weitere Voraussetzungen sind:

  • - der akute Charakter der Pflegesituation.
  • - Personen, die Pflegeunterstützungsgeld beziehen möchten, sind nahe Angehörige der pflegebdürftigen Person.
  • - Die Einstufung als pflegebedürftig liegt bereits vor bzw. wird sich in naher Zukunft ergeben.
  • - Pflegende Angehörige sind angestellt tätig.
  • - Pflegende Angehörige beanspruchen kurzzeitige Arbeitsverhinderung.
  • - Pflegende Angehörige erhalten keine Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber.
  • - Pflegende Angehörige befinden sich weder in Pflegezeit noch in Familienpflegezeit.

Kein Anspruch auf Pflegeunterstüzungsgeld besteht, wenn

  • - Angehörige bereits in der Pflegezeit oder Familienpflegezeit sind – und damit von der Arbeit frei gestellt.
  • - Arbeitgeber den Lohn freiwillig fortzahlen und dadurch keine finanziellen Ausfälle entstehen.
  • - die zu versorgende Person kein naher Angehöriger nach §7 Pflegezeitgesetz ist.
  • - Pflegende Angehörige Arbeitslosengeld oder Grundsicherung beziehen.
  • - Pflegende Angehörige selbstständig tätig oder als Beamte tätig sind.

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Gut zu wissen: Wann ist man naher Angehöriger?

Laut Pflegezeitgesetz fallen darunter: Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner, Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder, die Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners, Schwiegerkinder und Enkelkinder.

Fazit

Das ist wichtig für Sie als pflegebdürftige Person

Für Sie als pflegebedürftige Person ist es wichtig zu wissen, dass es diese Leistung gibt. Zwar profitieren Sie nicht direkt vom Pflegeunterstützungsgeld – sorgt es doch dafür, dass die Sie umsorgende Person ein wenig entlastet wird.

Damit Ihr Angehöriger Pflegeunterstützungsgeld erhalten kann, ist es nötig, mit dem Antrag eine ärztliche Bescheinigung einzureichen. Sie müssen also damit rechnen, dass Sie diesbezüglich von einem Arzt begutachtet werden. Sollten Sie sich bereits in einer akuten Pflegesituation befinden, sind hierfür oftmals aber auch bereits bestehende Befunde für die Ausstellung einer solchen Bescheinigung ausreichend.
 

Das ist wichtig für Sie als pflegender Angehöriger

Als Pflegender ist das Pflegeunterstützungsgeld für Sie eine essenzielle Leistung, sollten Sie vom Arbeitgeber keine Lohnfortzahlung erhalten. Häusliche Pflege oder auch einen Platz in einer stationären Einrichtung zu organisieren nimmt unter Umständen viel Zeit in Anspruch – vor allem, wenn Sie vorab mit dem Pflegesystem noch wenig Kontakt hatten.

Wichtige Tipps sind daher:

  • - Beantragen Sie die kurzzeitige Arbeitsverhinderung sowie das Pflegeunterstützungsgeld so bald wie möglich, sollte sich eine akute Pflegesituation abzeichnen.
  • - Holen Sie sich professionelle Hilfe, um Anträge korrekt zu stellen und über alle Ansprüche informiert zu sein.
  • - Kümmern Sie sich um sich selbst! Sie können ihrem pflegebedürftigen Angehörigen nur eine Hilfe sein, wenn Sie sich auch um ihr eigenes Wohl kümmern. (Akute) Pflegesituationen sind nicht nur bürokratisch aufwändig, sondern auch unter Umständen emotional anspruchsvoll. Daher sollten Sie sich Momente ermöglichen, in denen die Pflege kein Thema ist – und Sie ihrem Leben nach gehen.

Pflegeunterstützungsgeld

Häufige Fragen und Antworten

Ihre Frage ist nicht dabei? Wir beraten Sie kostenfrei.

Arbeitnehmer, die nahe Angehörige einer Person sind, die sich in einer akuten Pflegesituation befindet. Allerdings müssen weitere Voraussetzungen erfüllt sein, um einen Antrag stellen zu können. Wir haben alle für Sie im Abschnitt "Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein" aufgelistet.

Der Betrag ist von Angehörigem zu Angehörigem unterschiedlich. Er bemisst sich am Verdienst der Person als Erwerbstätiger. 90 Prozent des tatsächlich ausgefallenen Nettolohns übernimmt die Pflegekasse. Allerdings darf das Brutto-Pflegeunterstützungsgeld nicht über 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung liegen.

Das Pflegeunterstützungsgeld wird von der Pflegekasse der zu versorgenden Person gezahlt. Als Pflegender erhalten Sie das Geld direkt auf Ihr Bankkonto.

Die Leistung ist steuerfrei und muss daher nicht in der Steuererklärung angegeben werden.

Bislang konnte das Pflegeunterstützungsgeld bei kurzeitiger Arbeitsverhinderung für insgesamt 10 Arbeitstage pro pflegebedürftiger Person einmalig in Anspruch genommen werden. Ab Januar 2024 kann das Pflegeunterstützungsgeld pro Kalenderjahr für bis zu 10 Arbeitstage je pflegebedürftiger Person beantragt werden. Es spielt weiterhin keine Rolle, ob ein Angehöriger oder mehrere Angehörige die pflegebedürftige Person versorgen.