Jeder pflegende Angehörige braucht hin und wieder eine Auszeit – für einen Verwandtenbesuch, eine notwendige Operation oder ein paar Tage Urlaub. Dann muss eine Pflegevertretung organisiert werden: ein Verwandter vielleicht, auf den Verlass ist, ein ambulanter Pflegedienst oder ein stationäres Pflegeheim. Finanzielle Nachteile entstehen der Pflegeperson dadurch nicht, denn die Kosten für die Pflegevertretung werden von der Pflegekasse erstattet.
Häusliche Pflege ist ein Fulltimejob, in dem es keinen Feierabend gibt. Ein pflegender Angehöriger muss buchstäblich 24 Stunden am Tag nur für den Menschen da sein, den er betreut. Jede Nacht kann es passieren, dass man aus dem Schlaf gerissen wird, weil der pflegebedürftige Angehörige plötzlich keine Luft bekommt. Jede Minute droht die Gefahr, dass die an Demenz erkrankte Mutter mal wieder ausreißt und ohne Orientierung durch die Großstadt läuft. So etwas hält auf die Dauer kein Pflegender durch.
Irgendwann braucht er Freiraum für sich selbst, braucht Zeit, um Behördengänge oder Arztbesuche zu erledigen, braucht Urlaub von der anstrengenden Pflege, auch im Interesse seiner selbst gewählten Pflicht. Denn wenn er mit einem Burnout zusammenbricht – was im Pflegealltag nicht selten geschieht –, ist das auch für den Pflegebedürftigen schlimm.
Verhinderungspflege bei Abwesenheit
Deshalb hat der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Vertretung für pflegende Angehörige geschaffen. Das bedeutet, falls ein pflegender Angehöriger erkrankt oder einfach mal ausspannen will, kann er bis zu sechs Wochen im Jahr eine sogenannte Verhinderungspflege beantragen. Der Antrag muss nicht begründet werden. Ob der Grund für die Abwesenheit in einer dringenden Besorgung liegt oder in einem Karibikurlaub, hat die Pflegekasse nicht zu interessieren. Voraussetzung für die Antragstellung ist lediglich, dass einer der fünf Pflegegrade (mindestens Grad 2 – drei Pflegestufen) besteht und dass die Pflege seit mindestens sechs Monaten von einer Pflegeperson durchgeführt wird, die dafür Pflegegeld erhält.
Bei der Finanzierung der Verhinderungspflege kommt es darauf an, wer diese durchführt. Sind es Verwandte 1. oder 2. Grades, so beläuft sich die Erstattung auf das 1,5-fache des bewilligten monatlichen Pflegegeldes. Wird die Verhinderungspflege dagegen von entfernteren Verwandten, von Freunden der Familie oder von einem professionellen Pflegedienst geleistet, so besteht ein Erstattungsanspruch in Höhe von 1.612 Euro pro Jahr.
Verhinderungspflege
Welche Leistungen umfasst die Verhinderungspflege? Wie kann man den Antrag auf Verhinderungspflege stellen?
Antworten auf diese Fragen und mehr Infos finden Sie hier.
Abrechnung über die Pflegekasse
Es erfolgt keine pauschale Auszahlung, sondern eine Erstattung der tatsächlich geleisteten Pflegekosten gegen Vorlage der entsprechenden Rechnungen. In der Regel ist es ein ambulanter Pflegedienst, der die Pflegevertretung übernimmt. Aber auch die Unterbringung in einem stationären Pflegeheim ist bei einer längeren Abwesenheit der Pflegeperson durchaus möglich. In solchen Fällen stellt das Heim bzw. der Pflegedienst die Rechnung, und der Rechnungsbetrag wird von der Pflegekasse direkt dorthin überwiesen. Eine Privatperson dagegen muss ihre Aufwendungen selbst nachweisen – hauptsächlich für angefallene Fahrtkosten oder Verdienstausfälle.
Der Antrag auf Verhinderungspflege ist bei der Pflegekasse zu stellen und von der Pflegeperson zu unterschreiben. Er sollte möglichst schon im Vorfeld einer geplanten Abwesenheit eingereicht werden, zumal dann auch eine konkrete Beratung über die bestmögliche Pflegevertretung damit verbunden werden kann. Aber wenn das nicht möglich ist – etwa bei einer plötzlichen Erkrankung der Pflegeperson – oder wenn es versehentlich versäumt wurde, kann der Antrag auf Leistungen auch im Nachhinein noch bearbeitet werden. Allerdings sind dabei Fristen zu wahren: Mit Ablauf eines Kalenderjahres verfallen sämtliche Ansprüche, die in dem Jahr entstanden sind.
Auf das Pflegegeld muss die Pflegeperson während des Urlaubs nicht völlig verzichten. Es wird dann in der Regel zur Hälfte gezahlt. Sonderregelungen gelten für Kurzurlaube oder stundenweise Vertretungen. Nimmt die Abwesenheit der Pflegeperson nicht länger als zwei Tage in Anspruch, so läuft das Pflegegeld in voller Höhe weiter.
Stundenweise Abwesenheit
Das gilt auch, wenn die Abwesenheit der Pflegeperson nur ein paar Stunden dauert. Ein Arztbesuch oder ein Treffen mit Freunden ist an sich keine große Sache, aber es gibt Fälle, in denen der Pflegebedürftige wirklich keine Minute allein gelassen werden darf, etwa bei fortgeschrittener Demenz. Dann muss sogar für den Gang zum Friseur jemand gefunden werden, der auf den Pflegebedürftigen Acht gibt. Und auch in solchen Fällen sollte man die Erstattung der Kosten beantragen, zumal hier weder das Pflegegeld gekürzt wird noch eine Anrechnung auf die sechs Wochen der Verhinderungspflege erfolgt.
Möglich ist auch eine Leistungskombination aus Verhinderungs- und Kurzzeitpflege: Wurde der Anspruch auf Kurzzeitpflege – der ebenfalls 1.612 Euro beträgt – im laufenden Jahr noch nicht in Anspruch genommen, so können davon bis zu 50 % für die Pflegevertretung aufgewandt werden. Mithin kommt man insgesamt auf eine Maximalsumme von 2.418 Euro, die pro Jahr ausgezahlt werden kann. Die Pflegeleistungen der Pflegevertretung beziehen sich nur auf die Grundpflege. Die Behandlungspflege wird auch bei einer Abwesenheit der Pflegeperson wie gewohnt durchgeführt und abgerechnet.
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Gut zu wissen
Werden die Mittel für die Kurzzeitpflege nicht vollständig benötigt, kann ein Teil der zur Verfügung stehenden Geldmittel auch für die Verhinderungspflege genutzt werden. Ab 2024 soll die Finanzierung von Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege durch das sogenannte Entlastungsbudget vereinheitlicht werden. So können 100 % der ungenutzten Mittel der Kurzzeitpflege für die Verhinderungspflege genutzt werden.
Die Änderungen gelten zunächst nur für Personen mit Pflegegrad 4 und 5, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Ab Juli 2025 dann für alle mit Pflegegrad 2 oder höher.
Mehr zu den jeweiligen Übertragungsmöglichkeiten
Wir unterstützen Sie gerne!
Unsere Pflegeexperten von Dr. Weigl & Partner unterstützen Sie nicht nur beim Antrag auf Pflegeleistungen, sondern helfen Ihnen auch gerne bei den bürokratischen Angelegenheiten und allen weiteren Fragen zur Pflege. Dadurch können Sie sich bei der Pflege Ihres Angehörigen mithilfe der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege auch mal eine Auszeit nehmen. Für den Fall, dass der erste Antrag abgelehnt wurde und Sie den Widerspruch beim Pflegegrad anstreben oder sich seit der letzten Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) der Pflegebedarf Ihres Angehörigen messbar erhöht hat und Sie den Pflegegrad erhöhen wollen, helfen wir Ihnen auch gerne in diesen Prozessen.
Unsere erste telefonische Beratung ist kostenfrei. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!