Bevor ein Versicherungsnehmer, der im Alltag regelmäßig, d. h. in den meisten Fällen täglich, auf Hilfe angewiesen ist, ein Pflegegeld oder Pflegesachleistungen erhalten kann, muss sein Grad der Pflegebedürftigkeit festgestellt werden. Erfahren Sie im Folgenden, was Sie tun können, wenn Ihr Antrag auf einen Pflegegrad abgelehnt wurde.

Der sogenannte Pflegegrad regelt, in welcher Höhe der Betroffene ein Pflegegeld oder Pflegesachleistungen erhalten kann. Damit der Pflegegrad ermittelt werden kann, muss der Versicherungsberechtigte (oder ein pflegender Angehöriger oder Vormund, der vertretungsberechtigt ist) zunächst einen Antrag auf Pflegeleistungen bei der Pflegeversicherung stellen.

Im Anschluss lässt die Pflegeversicherung durch einen Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein Gutachten erstellen, das als Grundlage für die Berechnung des Pflegegrads dient. Um das Gutachten zu erstellen, besucht der Gutachter des MDK den Versicherungsnehmer zu Hause, schreibt danach ein Gutachten und legt dieses der Pflegeversicherung vor. Diese bestimmt anhand des vorliegenden Gutachtens den Grad der Pflegebedürftigkeit und legt den Pflegegrad fest. Das Ergebnis kann eine Einteilung in einen der fünf Pflegegrade sein, aber auch eine Ablehnung. Von einer Ablehnung können sowohl Erstanträge auf Einstufung in einen Pflegegrad als auch Anträge auf Höherstufung in einen höheren Pflegegrad betroffen sein. Darüber hinaus kann die Pflegeversicherung auch einen zu niedrigen Pflegegrad vergeben.

Wie kommt es zu einer Ablehnung oder einer Fehleinstufung?

Die Einstufung in einen Pflegegrad erfolgt anhand eines gesetzlich definierten Katalogs von Kriterien. Anhand dieser Kategorien überprüft der MDK, welchen Grad der Selbstständigkeit der Versicherungsnehmer aufweist. Beim Begutachtungstermin sollte auf jeden Fall auch ein Angehöriger oder ein Vertreter eines professionellen Pflegedienstes anwesend sein.

Folgende Kriterien werden im Rahmen des MDK Begutachtung überprüft und besprochen:

  • 1

    Mobilität: Aufstehen, Zubettgehen, Hinsetzen, Gehen, Treppensteigen

  • 2

    Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Sprachfähigkeit, räumliche und zeitliche Orientierung, Entscheidungsfähigkeit

  • 3

    Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: Unruhe, psychische Belastungen, motorisch auffälliges Verhalten

  • 4

    Selbstversorgung: Körperpflege, An- und Ausziehen, Zubereitung von Mahlzeiten, Nahrungsaufnahme

  • 5

    Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen: Arztbesuche, Einnahme von Medikamenten

  • 6

    Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte sowie außerhäusliche Aktivitäten und Haushaltsführung: Beschäftigungen in der Freizeit, Kontakt zu Familie und Freunden

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Beispiel einer Pflegegrad-Berechnung anhand der unterschiedlich gewichteten Module | © Dr. Weigl GmbH & Co. KG

Pflegegrad-Berechnung

Abhängig davon, wie fit der Versicherungsnehmer am Tag des Gutachterbesuchs erscheint und wie er auftritt, kann der Mitarbeiter des MDK leicht zu einer Fehleinschätzung kommen. Sein Besuch und somit auch sein Eindruck des Versicherungsnehmers, dessen Gutachten er für die Pflegeversicherung schreibt, stellt nicht mehr als eine Momentaufnahme dar, die sich im Zweifel deutlich vom Alltag unterscheiden kann. Dass eine pflegebedürftige Person fitter erscheint als sonst, kann z. B. daran liegen, dass sich viele Betroffene für ihre Unzulänglichkeit schämen und einen möglichst guten Eindruck machen möchten. Aus diesem Grund ist es von größter Wichtigkeit, dass der Versicherungsnehmer während der Begutachtung nicht allein ist, denn ein pflegender Angehöriger hat die Möglichkeit, dem MDK-Gutachter seinen Eindruck der täglichen Pflege zu schildern und einen falschen Eindruck zu revidieren.

Was tun, wenn der Pflegegrad abgelehnt wurde?

Wenn Ihr beantragter Pflegegrad dennoch abgelehnt wurde oder Sie eine Einstufung in einen zu niedrigen Pflegegrad erhalten haben, sollten Sie schnell handeln und Widerspruch einlegen.

Icon Glühbirne freigestellt | © Dr. Weigl GmbH & Co. KG

Gut zu wissen

In der Regel haben Sie nach Zugang des Bescheids vier Wochen Zeit, einen Widerspruch einzureichen. Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen und, ebenso wie schon der Antrag auf einen Pflegegrad, vom Versicherungsnehmer selbst unterschrieben werden. Ist die betroffene Person aufgrund körperlicher oder geistiger Erkrankungen dazu nicht in der Lage, ist die Unterschrift eines gesetzlichen Vertreters erforderlich.

Wichtig: Zunächst können Sie einen einfachen Widerspruch formulieren, in dem Sie nur angeben, dass Sie Widerspruch einlegen und dass Sie die Gründe in einem weiteren Schreiben angeben werden. Auf diese Weise gewinnen Sie Zeit, das Gutachten des MDK anzufordern und einzusehen und dieses mit Ihren Aufzeichnungen zu vergleichen. Anhand des Gutachtens können Sie feststellen, ob die Aufzeichnungen des MDK mit dem täglichen Pflegeaufwand übereinstimmen oder ob es Differenzen gibt. Um Ihre Position gegenüber der Pflegeversicherung im Zweifelsfall untermauern zu können, sollten Sie bereits ab dem Tag der Antragstellung ein Pflegetagebuch führen, wo Sie minutiös und detailliert sämtliche Hilfestellungen notieren, die am Tag notwendig sind.

Auch Vorkommnisse, die die Pflege erschweren, sowie kognitive Einschränkungen sollten Sie notieren und Ihre Notizen durch Arztbriefe, Diagnoseberichte, Operationsberichte und weitere Dokumente, die den Mangel an Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person belegen, ergänzen. Mit unserem Expertenteam an Ihrer Seite erreichen Sie den Ihnen zustehenden Pflegegrad. Wir helfen Ihnen bei den bürokratischen Angelegenheiten und allen weiteren Fragen zur Pflege. Unabhängig davon, ob Sie einen Pflegegrad Antrag stellen wollen, bei zu niedriger Einstufung einen Widerspruch beim Pflegegrad anstreben oder Ihren derzeitigen Pflegegrad erhöhen möchten, weil sich die Pflegesituation verschlechtert hat. Wir unterstützen Sie gerne in allen Prozessen. Unsere erste telefonische Beratung ist kostenfrei. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!

Icon Telefon freigestellt | © Dr. Weigl GmbH & Co. KG

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Fragen und Antworten

FAQ zum Widerspruchsverfahren

Ihre Frage ist nicht dabei? Unsere Pflegeexperten stehen Ihnen Rede und Antwort

Ja, Sie können eine Kopie des MDK-Gutachtens bei Ihrer Pflegekasse anfordern.

Der Pflegegradbescheid der Pflegekasse enthält Informationen über den ermittelten Pflegegrad sowie die Höhe und Dauer Ihrer Leistungsansprüche.

In dem Pflegegradbescheid steht, in welchen Pflegegrad Sie eingestuft wurden sowie die Höhe und Dauer Ihrer möglichen Pflegeleistungen.

Ab Erhalt des Pflegegradbescheids haben Sie eine Widerspruchsfrist von einem Monat.

Ein Widerspruch muss begründen, weshalb die Entscheidung der Pflegekasse aus Ihrer Sicht falsch ist, warum Ihr Hilfebedarf höher als ermittelt ist oder welche Dokumente und Argumente nicht berücksichtigt wurden. Lassen Sie sich von einem Pflegeexperten zu Ihrer Begründung beraten und unterstützen.

Innerhalb von vier bis sechs Wochen bearbeitet die Pflegekasse Ihren Widerspruch. Für die Neubewertung veranlasst die Pflegekasse meist eine erneute Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD). Dieser muss den Widerspruch innerhalb von 3 Monaten bearbeiten.

Nach Ihrem Widerspruch prüft die Pflegekasse Ihren Pflegegradbescheid sowie Ihre Argumentation, weshalb Sie Widerspruch einlegen. In der Regel ordnet sie folgend eine Neubegutachtung durch den Medizinischen Dienst (MDK) an.

Ein Widerspruch lohnt sich, wenn Sie begründen können, warum der erteilte Pflegegrad nicht ausreichend ist oder medizinische Dokumente oder Argumente nicht berücksichtigt wurden. Häufig ist dies der Fall, wenn nur eine geringe Punktzahl zum nächsthöheren Pflegegrad fehlt.

Juristisch lassen Sie sich am besten von einem Anwalt unterstützen. Pflegefachlich können die Experten von Dr. Weigl & Partner sehr gut beurteilen, ob Ihre Pflegebedürftigkeit richtig erfasst wurde und Ihnen mit einer pflegefachlichen Begründung helfen, Ihren Widerspruch durchzusetzen.